7.10.08

Teil 2 - Mit der Magnifique im Herzen Frankreichs - Bootstour auf dem Loire-Seitenkanal

Reisebericht Loire-Bootstour für 20. bis 23. September

Samstag, 20. September:
Magnifique - Das große Kennenlernen

Anreise nach Decize und Übergabe des Bootes

Auch die Email eine Woche vor Reisebeginn konnte unsere Vorfreude nicht trüben. Uns wurde mitgeteilt, dass unsere Vormieter unser reserviertes Boot, die Magnifique, aus gesundheitlichen Gründen nicht wie geplant nach Chatillion sur Loire, sondern nach Decize gebracht hatten.
An eine rechtzeitige Überführung war nicht zu denken, also mussten wir umdisponieren und unseren Bootsurlaub in Decize beginnen. Der Veranstalter Dertour Reisen regelte alle Änderungsformalitäten und der Bootsvermieter Connoisseur wollte für die Überführung unseres Kleinbusses sorgen.
Nachdem wir morgens gegen 8:30 Uhr gestartet waren, lagen über 6 Stunden Fahrt vor uns.
Nach einigen Stunden Autobahn, mehreren Maut-Stationen und 29 EUR Autobahngebühr, durften wir ab Beaune die Autobahn verlassen und die Weinberge und malerischen Dörfer des Burgund kennen lernen.
Decize zu erreichen war einfach. Die Anmietstation zu finden einiges schwieriger. Die Anfahrtsbeschreibung zur Anmietstation war etwas dürftig - an eine Beschilderung des 'Bassin de la Jonction' war gar nicht erst zu denken...
Daher eine Empfehlung: Halten Sie sich an die Ausschilderung des Krankenhauses. Auf dessen Rückseite verläuft eine Straße parallel zur Loire durch eine Art Gewerbegebiet. Diese hat eine Ausfahrt zum Bootsliegehafen von Decize. Wichtig ist außerdem, dass Sie an dieser Straße in etwa 200 m Entfernung zur Bootsstation einen Supermarkt zum Auffüllen der Bootsvorräte finden (Der hat übrigens auch Sonntag vormittags geöffnet).


Die Übergabe des Bootes verlief problemlos und schnell. Das mehrsprachige Personal wickelte gekonnt die Formalitäten ab. Wir bekamen einen Ordner mit Informationsmaterial und den Gewässerkarten.

Anmerkung: Die Karten sind oft nicht auf dem aktuellen Stand. Ein Bild sagt zwar mehr als tausend Worte, aber es kann auch die Wahrheit verschweigen. So existierten einige Versorungsstationen nicht mehr. Daher immer den Infortamtionstext und die Tabellen im Ordner zusätzlich zu rate ziehen!

Als kleine Wiedergutmachung für unsere Unannehmlichkeiten wurden die beiden Fahrräder, die wir aus Deutschland vorbestellt hatten, kostenlos zur Verfügung gestellt - tolle Geste und 80 EUR gespart.

Allgemein fallen bei Schiffsübergabe für eine Woche folgende Kosten an:
- Zusatzversicherung (eine Art Boots-Vollkasko): 110 EUR
wer keine Versicherung abschließen möchte, muss per Kreditkarte oder bar ein Kaution von 1500 EUR hinterlegen.
- Abschlag Betriebskosten: 150 EUR
- Parkplatz (eingezäunt) 29 EUR oder Garage 42 EUR
- Haustier: 50 EUR
- Fahrrad 40 EUR oder Mountainbike 44 EUR (wegen der Mobilität unterwegs unbedingt zu empfehlen)
- Endreinigung je nach Bootstyp 75 bis 95 EUR

Ein netter Techniker gab die Instruktion über die Funktionen und die Technik an Bord des Bootes vor (Anmerkung: leider nicht in Deutsch, Französisch- oder Englischkenntnisse sind empfehlenswert).
Anschließend wurde eine Instruktionsfahrt durchgeführt zum einen, um ein Gefühl für das Boot zu bekommen und auftretende Fragen zu beantworten zum anderen, um die Funktion der Schleusen zu erklären.
Tipp für Einsteiger: Die Magnifique verfügt zusätzlich über Bugstrahlruder, mit denen man das Vorderteil des Bootes zusätzlich steuern kann. Für Landratten und Bootsneulinge ein empfehlenswertes Detail, da diese ein leichteres manövrieren des Bootes, vor allem bei Einfahrten in die Schleusen, ermöglichen.

Die Einführungsfahrt verlief wie erwartet völlig problemlos, hatten doch zwei Mitglieder der Crew einen Motorbootsschein für Binnengewässer.
An die Anlegestelle zurückgekommen, wurde noch mit dem Auto aus dem Supermarkt der Lebensmittelvorrat an Bord aufgefüllt und einige Spezialitäten eingekauft. Für Sonntagmorgen war nämlich ein 5-Sterne-Frühstück geplant, mit allem was das Herz begehrte.

Bevor das Auto für die Überführung zum Zielhafen (Chatillion sur Loire) abgegeben wurde, suchten wir noch in der Innenstadt von Decize ein Restaurant, um den ersten Tag mit einem leckeren Essen ausklingen zu lassen.
Beim anschließenden abendlichen Verdauungsspaziergang machten wir schon mal eine Bäckerei für die frischen Backwaren am nächsten Morgen ausfindig.


Sonntag, 21.September:
Erst stärken und dann Leinen los!
Von Decize nach Nevers

Die Aufregung ließ mich früh wach werden (das war an jedem Morgen unserer Reise so). Also war klar, dass ich mich dem 'Baguette-Kommando' anschloss und wir entlang der Loire mit den Rädern zu besagter Boulangerie aufbrachen.
Mit frischen Backwaren bestens versorgt, kehrten wir nach 5 Minuten Fahrtzeit zum Boot zurück, wo uns der Duft von frisch gebrühtem Kaffee in die Nasen kroch. Der Tisch war bereits mit allen erdenklichen Köstlichkeiten gedeckt und wir setzten unseren Plan um, ein opulentes Frühstück zu uns zu nehmen.

So gestärkt, konnten wir unser Abenteuer auf dem Loire-Seitenkanal beginnen. Gegen 9:30 Uhr hieß es
Leinen los und hinein ins Vergnügen. Unsere etwa 32 km lange Tagesstrecke sollte uns nach Nevers führen. Vor uns lagen insgesamt 8 Schleusen. Davon waren die erste Schleuse (zum Verlassen des Hafenbeckens von Decize) und die beiden letzten Schleusen (zur Einfahrt in den Hafen von Nevers) automatisch, das heißt diese werden mit einem Zugseil von der Schiffsbesatzung aktiviert.

Alle anderen Schleusen wurden von Schleusenwärtern bedient.
Schleusenwärter ist in der Gegend ein gefragter Job. Neben der Schleusenarbeit besteht deren Aufgabenfeld auch in der Pflege und Instandhaltung des Kanals.

Information: Die Schleusen werden vormittags von 09:00 bis 12:00 und nachmittags von 13:00 bis 19:00 Uhr betrieben. Ausserhalb dieser Zeiten (und hin und wieder auch mal 10 Minuten früher) stehen Sie im wahrsten Sinne des Wortes 'vor verschlossenen Toren'. Daher sollten Sie Ihre Routenplanung diesen Zeiten anpassen.


Während der Schleusenpause - Mittagessen am Kanal



Müssen die Schleusenwärter die beiden Schleusentore über einen Kurbelmechanismus mühsam mit Muskelkraft bedienen , besteht die Arbeit der Bootsbesatzung lediglich darin das Boot sicher in die Schleuse zu manövrieren und das Boot gegen die Bewegung des ein- oder ausströmenden Wassers locker anzuseilen.

Hier eine zugegeben etwas übertriebene Demonstration der Schleusenarbeit durch Matrose Gerhard T.









Obwohl wir uns eine recht großen Teilabschnitt vorgenommen hatten liefen wir rechtzeitig im Hafen von Nevers ein und konnten die Magnifique an einem der Bootsstege festmachen.
Schnell bei der Hafenmeisterei melden, eine kurze Dusche, und schon ging es per Pedes über die Loirebrücke auf Erkundungstour in die etwa 1km entfernte Innenstadt von Nevers.

Nevers:
Nevers hat eine Einwohnerzahl von 38.000 und ist Verwaltungssitz des Departement Nievre, der früheren Provinz Burgund.
Nevers ist Sitz eines Bistums und besitzt in wirtschaftlicher Hinsicht eine Porzellanmanufaktur und ist Umschlagplatz für landwirtschaftliche Erzeugnisse.
Daneben ist Nevers bekannt durch die etwa 10 km südlich gelegene Formel 1 Strecke von Magny Cours.


Wir wollen noch vor Einsetzen der Dämmerung einen Blick auf einige Sehenswürdigkeiten der Stadt werfen und ein schönes Restaurant zum Abendessen suchen.



Montag, 22. September 2008
Nevers - Schleuse von Laubray

Bernadette Soubirous, die 1858 die Marienerscheinung in Lourdes hatte, verbrachte als Nonne viele Jahre im Kloster in Nevers. Aus diesem Grund ist der Leichnam der heiligen Bernadette seit 1925 in der Kapelle des „Espace Bernadette Soubirous“ aufgebahrt.
Da wir den Vormittag nochmals in Nevers verbringen und uns die schöne Fußgängerzone und einige Sehenswürdigkeiten anschauen wollten, stand auch der Besuch dieser Kapelle auf unserem Programm.

Zum Abschluss noch einen Mittags-Kaffee im l'Agricol (einem Cafe-Restaurant) am Place Carnot, nochmals ein kurzer Blick in die Kathedrale und schon machten wir uns wieder auf den Rückweg zum Hafen, der in einem Gewerbegebiet außerhalb der Stadt liegt.
Mit den Fahrrädern wollten wir von dort noch schnell in Richtung Plagny in den etwa 2,5 km entfernten Supermarkt, um einige Einkäufe zu erledigen. Dann sollte die nächste Bootsetappe in Angriff genommen werden.
Da sich die Einkäufe länger als geplant gestalteten, konnten wir erst mit einiger Verspätung Nevers verlassen.
Am Abend dieses Tages sollte eine Strecke von nur 18 km hinter uns liegen...

Ein stärkerer Wind machte uns beim Schleusen das Leben schwer, da er das Boot ständig seitwärts schob. Während die Mitglieder der 'Mannschaft' dem 'laisser faire' nachgingen, betätigten sich die 'Frauschaft' unter Deck wieder als Macher...
Essen-Macher.
Zur Einnahme des leckeren Mittagessens legten wir leichtsinnigerweise am Ufer an (mit romantischem Blick auf die Autobahn). Dies sollte sich alsbald als großer Fehler erweisen!
Denn während wir ausgelassen beisammen saßen, gelang es einem zwielichtigen Subjekt namens 'Gerard le Pirat' das Boot zu entern und die Crew in seine Gewalt zu bringen.

Hier ein Photo (Anmerkung: Jede Ähnlichkeit zu derzeit in Südwest-Deutschland lebenden Personen wäre rein zufällig.)

Wie unschwer zu erkennen ist, erwies sich der Flegel als reichlich unerzogen. Schamlos machte sich dieser 'Johnny Depp für Arme' über unseren Tischwein her.

Anschließend machte er dem weiblichen Geschlecht ein schönes Auge.
Wider erwarten nicht ganz ohne Erfolg, denn einige törichte Weibsleute gaben diesem schnöden Werben nur allzu willig nach. Pfui!
Schlussendlich hisste er zum Zeichen seiner Herrschaft über das Boot noch seine Piratenflagge. Herrisch befahl er abzulegen, um noch vor Einbruch der Dunkelheit den sicheren Hafen zu erreichen - und wir taten, wie uns befohlen wurde.

Der Kanal führte uns zu einer der Sehenswürdigkeiten der Route, der Pont Canal de Guetin.
Hier überquert der Loire-Seitenkanal mit einem Brückenbauwerk die Allier. Anschließend folgen zwei Schleusen, mit denen einen Höhendiffernz von etwa 12 Metern überwunden wird.
Die Einfahrt ist aufgrund der Größe des Bauwerks über eine Ampelanlage geregelt.
Hier mußten wir lange warten und als wir die Anlage passiert hatten, zeichnete sich schon ab, was später Wahrheit werden sollte: Wir waren zu spät um unser gesetztes Ziel zu erreichen.
An der Schleuse von Laubray wurden wir bereits 7 Minuten vor 19 Uhr nicht mehr abgefertigt der Schleusenwärter hatte seinen Posten verlassen.
Wir legen am Ufer an und von nun an hieß es Strom sparen. Denn Elektrizität und Wärme wurde nur über laufenden Motor produziert.

Mit dem Fahrrad erkundeten wir vor Einsetzen der Dunkelheit noch, wo wir in der 2,5 km entfernten Stadt Fourchambault am nächsten Morgen die obligatorischen Baquette einkaufen konnten. Dann machten wir uns für die Nacht bereit.

Die anfängliche Niedergeschlagenheit sollte sich am anderen Morgen wandeln, denn wo kann man sonst noch solche Naturschauspiele erleben...










Dienstag, 23. September 2008
Schleuse von Laubray - Menetreol-sous-Sancerre
41 Km / 11 Schleusen

Das Schiffsaggregat liefert während des Betriebes ausreichend Strom für die beiden Kühlschränke, die Beleuchtung und die Musikanlage an Bord. Der Wassertank war ohnehin groß genug, um Reserven für die Duschen und die Küche zu haben.
Anders als Befürchtet, war die Abgeschiedenheit und Losgelöstheit von Strom- und Wasserversorgung gar kein Problem. Im Gegenteil durch den Liegeplatz, auf den wir uns hatten einlassen müssen, bot sich uns die Chance einen Sonnenaufgang über den Loire-Auen zu erleben.

Natur pur!

Wie immer verließ die 'Versorgungseinheit' in aller Frühe das Boot, um mit dem Fahrrad zur Boulangerie zu strampeln.
Auf dem am Abend vorher festgelegten Weg hielten wir einige Male an, um die Schönheit der Natur auf uns wirken zu lassen.




Vollgepackt mit leckeren Köstlichkeiten aus den Händen einer netten Bäckereifachverkäuferin kehrten wir zum Boot zurück.
Während des Frühstücks wurde der neue Tagesabschnitt festgelegt und pünktlich bei Schleusenöffnung um 9 Uhr ging es los.

Gleich an der nächsten Station in Marseilles-les Aubigny legten wir wieder an.

Die Station ist bestens mit gepflegten sanitären Anlagen ausgestattet. Eine heiße Dusche und 30 Minuten später, waren wir bestens gerüstet für unsere längste Tagesetappe und brachen froh gelaunt auf.
Der strahlende Sonnenschein tat ein Übriges...

Vorbei an einer wundervollen Landschaft und durch manche Schleuse 'flogen' wir unserem Tagesziel Menetreol-sous-Sancerre entgegen.






Hier sollten wir eine glückliche Begegnung machen dürfen. Doch dazu später mehr...



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