19.10.10

Teil 1 - Die Hinstrecke Homps - Marseillan

Samstag 18.09.2010
Anreise nach Homps, Bootsübernahme und Abendprogramm

Ausgangspunkt unserer Bootstour war Homps, der ehemalige Handelshafen, von wo Weinfässer der Weinbaugegenden Minervois und Corbieres gefüllt wurden und nach Bordeaux gingen. Mehrere Winzer bieten Besichtigungen und Weinverkostungen an.
Der Stützpunkthafen von Le Boat glänzt mit neu angelegter Hafenanlage. Einziger Verbesserungsvorschlag wäre ein Ausbau der sanitären Anlagen, da hier die Kapazitäten zu gering sind.
Die Bootsübernahme war völlig problemlos, da die Formalitäten deutschsprachig abgewickelt wurden.

Die Zusatzkosten haben sich gegenüber 2008 nicht wesentlich geändert - Ausnahme: Preis pro Betriebsstunde inzwischen 7,36 EUR.

Sonstige Kosten:
Fahrrad 40 EUR (Klapprad) oder 44 EUR (Trekkingrad)
(Empfehlung: Trekkingräder sind neuwertiger und in besserem Zustand)
Fahrradversicherung: 6 EUR pro Rad
Parken im eingezäuntem Bereich: 30 EUR
Endreinigung: 120 EUR (Kosten, die man sich sparen kann)
Vorschuss für Verbrauch und Betriebsstunden 150 EUR

Einweisung in die Funktionen des Bootes erfolgt nur in französisch oder englisch.
Wir erfuhren nichts eigentlich Neues, da wir das Boot - die Magnifique - bereits von einer früheren Reise kannten.
Erwähnenswert sind lediglich die Komfortverbesserungen durch Umgestaltung der Magnifique: neue Toilettenanlage, Flachbildschirm, Sat-TV, DVD-Player, Mikrowelle und Klimaanlage.
Nach Übernahme der bereits bei Buchung angemieteten Fahrräder, konnte der Abend geplant werden. Bei einem kurzen Spaziergang durch Homps erkundeten wir die Einkaufsmöglichkeiten.
Kleinere Einkaufe (Baquette, regionale Produkte) sind in einem kleinen Kramladen unmittelbar am Hafen zu erwerben. Verpflegung kann in einem Supermarkt bei der Tankstelle von Homps gekauft werden.

Im Hafenbereich von Homps entlang des Kanals finden sich drei Restaurants.
Unsere Empfehlung: Abendesssen im Restaurant La Peniche.
Suchen Sie sich bei gutem Wetter einen Tisch im Innenhof unter Bäumen aus. Die Speisen haben ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und das nette, geschulte Personal sorgt für Ihr leibliches Wohl. Vollends zufrieden haben wir gleich für den Rückkunftstag erneut einen Tisch reserviert!

Sonntag 19.09.2010
Homps nach Poilhes

Nach einem schönen Frühstück brachen wir zur ersten Etappe in Richtung unseres Ziels Marseillan auf. Wir hatten uns vorgenommen an diesem Tag so weit wie möglich zu kommen.
Unmittelbar hinter Homps kamen die ersten Schleusen. Was sofort auffiel waren die Dimensionen der, für den Canal du Midi typischen, ovalen Schleusen. Eine Höhe von 8 bis 10 Metern ist hier keine Seltenheit.
Nach fünf unmittelbar hintereinander folgenden Schleusen folgt für gute 50 Kilometer schleusenfreies Fahrvergnügen.

Der Weg führte uns über Argens-Minervois, Roubia, Paraza und Le Somail zum Aquädukt über das Flüsschen Rèpudre, einem der wenigen Bauwerke, die von Riquet selbst entworfen und erbaut wurden.
1676, zum Schutz gegen die Hochwasser der Rèpudre, fertig gestellt, war es das erste Bauwerk seiner Art in Frankreich und das zweite in der Welt.
Man gleitet durch die an beiden Ufern angepflanzten Platanen wie durch eine Allee. Die Bäume, das durch den Kalksandstein milchig-grün gefärbte Wasser und die südfranzösische Herbstsonne schaffen ein einzigartiges Wechselspiel aus Licht und Schatten.

Hin und wieder begegnet man am Ufer einem zum Hausboot umgebauten alten Lastenkahn - aber auch dem ein oder anderen herrenlosen Boot, an dem bereits der Zahn der Zeit nagt.

Bei Truilas gabelt sich der Kanal - einerseits in Richtung Narbonne, andererseits in die von uns eingeschlagene Richtung zum Étang de Thau.
Vorbei an Capestang beschlossen wir in Poilhes zu übernachten.
Das idyllische Dörfchen bietet ein unmittelbar am Kanal gelegenes Restaurant und für den nächsten Morgen Einkaufsmöglichkeiten für den Frühstückstisch. Strom kann übrigens für einige Euro am Liegeplatz erworben werden (Kosten: 2 EUR pro 45 Minuten).


Montag 20.09.2010
Poilhes – Port Cassafières

Als wir Poilhes verlassen, erzeugt die flach einfallende Morgensonne eine außergewöhnliche Stimmung.

Die Äste der Bäume und Uferbüsche spiegeln sich im topfebenen Wasser des Kanals. Ruhig und ohne irgendwelche anderen Boote zu treffen cruisen wir Richtung Tunnel von Malpas. Dieser 160 Meter lange in den Fels gehauene Kanaltunnel ist eines der Highlights der Strecke. Obwohl nur eine Fahrrinne zur Verfügung steht, stellt das Kanalbauwerk keine Schwierigkeit dar. Verständigt wird sich durch Hupzeichen vor der Einfahrt und da der Tunnel kerzengerade verläuft, ist eine Kollision nahezu ausgeschlossen.
Vorbei am Hafen von Colombiérs gelangen wir zu einer der Attraktionen des Canal du Midi, der Schleusentreppe von Fonsérannes, nahe Béziers. Hier gibt es feste Zeiten, zu denen nur kanalauf beziehungsweise kanalabwärts geschleust wird. Für die Wartezeit suchten wir uns einen Liegeplatz und schauten, wie hunderte andere Schaulustige, dem regen Treiben an den sechs hintereinander folgenden Schleusen zu.

Nach einer guten Stunde waren wir an der Reihe, um unseren Weg fortzusetzen. Unmittelbar nach der Schleusentreppe überquert eine Kanalbrücke die Orb.

Eine weitere Schleuse und schon erreichen wir den Hafen von Béziers, der größten Stadt unserer Route.
Deren Besichtigung war auf dem Rückweg geplant. Leider kann es aber anders – dazu später mehr...
Eine weitere Doppelschleuse am Ende des Hafenbeckens gab den Weg mitten durch das Gewerbegebiet von Béziers frei. Dieser eigentlich unwirtliche und wenig idyllische Streckenabschnitt mit einer Perlenschnur aus rostigen, verlassenen Lastkähnen lädt nur zu einem ein: den Gashebel bis zum Anschlag umzulegen.

Mit Erreichen von Villeneuve-les-Béziers und anschließend Portiragnes eröffnet sich wieder eine schönere Landschaft. In unmittelbarer Nähe zum Mittelmeer – der Kanal verläuft hier in einer Entfernung von etwa 3 Kilometern parallel zur Küste - wechseln sich Pferdekoppeln, Flächen mit Weinanbau und Feuchtgebiete mit Fischreihern und Seevögeln ab.
Am frühen Nachmittag erreichten wir Port Cassafières, einen der Stützpunkthäfen von Le Boat. Hier sind Strom und Wasser kostenlos. Über einen Zahlencode sind die sanitären Anlagen zugänglich und ebenfalls für Le Boat-Kunden kostenlos zu nutzen. Leider gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. Mit dem Fahrrad sind, über eine schlecht ausgebaute Strecke, das Dorf Vias oder über einen überwiegend asphaltierten Radweg entlang des Kanals Portiragnes erreichbar - beide in etwa 4 Kilometer Entfernung. Ebenfalls über einen asphaltierten Weg kann man einen Abstecher zum nur 2 Kilometer entfernten Mittelmeer machen. Hier gibt es auch an einem Campingplatz einen kleinen Laden für Einkäufe.


Dienstag 21.09.2010
Port Cassafieres - Marseillan

Um für den Abend einen Termin in Marseillan einzuhalten, brachen wir am frühen Morgen auf. Durch die Ouvrage du Libron, einer Schutzwehr-Anlage bei Vias gegen die Hochwässer vom Mittelmeer, hindurch, gelangten wir zur Rundschleuse von Adge, die im Jahr 1680 erbaut wurde. Vorbei an Adge, einer der ältesten französischen Städte und ehemaligem griechischen Handelshafen, gelangten wir mit Passage des Wehres von Prades in den Zubringerweg auf den Étang de Thau.
Bei gerade noch beherrschbarem Wind durchfuhren wir einem vorgelagerten Flachwasserbereich mit einzigartiger Fauna. So sind hier sogar Flamingos zu sehen.
In der Ferne unser Ziel, den Innenhafen von Marseillan, vor Augen, begaben wir uns auf die ausgedehnte Wasserfläche des Etang de Thau. Nach wenigen Minuten auf offenem Wasser machten wir an der Hafenmole fest. Mit Blick auf das Chateau du Port und die Produktionshallen des weltberühmten Noilly Prat Wermuts, begaben wir uns zum Hafenmeister, um unsere Liegegebühr zu zahlen. In den rund 25 EUR sind Strom, Wasser und Duschen und Toilettennutzung enthalten. Aufgrund strenger Umweltrichtlinien ist im gesamten Hafenbereich die Einleitung von Abwässern untersagt.

Am Abend trafen wir uns verabredungsgemäß mit einem in der Gegend lebenden Bekannten, der Plätze in einem Restaurant in Marseillan reserviert hatte. Das „Chez Philippe“ in der rue de Suffren 20, etwa 3 Gehminuten vom Hafen entfernt, ist durch seine besondere Küche nicht umsonst in Gault Millau und Guide Michelin zu finden.

Den wunderschönen Abend mit guter Laune und exquisitem Mehrgänge-Menü schlossen wir mit einem guten Glas Wein an Bord unserer Magnifique ab.


Abendstimmung im Hafen von Marseillan mit Blick auf den Étang de Thau



Am nächsten Morgen sollten wir ein schönes Naturschauspiel im Hafen erleben dürfen – dazu aber mehr im Post zur Strecke zurück nach Homps.

8.10.10

Bootstour auf dem Canal du Midi - Südfrankreich






Reisereporter
Jürgen Ost


Die Tage seit unserer Rückkunft sind verflogen. Kaum zu glauben, dass wir wieder fast zwei Wochen im Alltag angekommen sind. Es hat gerade mal gereicht um ein paar Notizen zu machen, die Bilder der Reise aufzubereiten und bei deren Betrachtung die Erinnerungen an den Canal du Midi Revue passieren zu lassen.

Es war schön - schön anstrengend. Wir hatten uns wahrlich eine schwierige Aufgabe vorgenommen: Die Strecke Homps - Marseillan und zurück in einer Woche!
Das hieß: schwierige Schleusen, große Distanzen und viele Boote (selbst außerhalb der Hauptsaison) ... das alles in nur zwei Tagen pro Wegstrecke.

Allgemein ist die Route aus meiner Sicht nichts für Anfänger und vor allem, wegen der schweren Schleusenarbeit, nur mit mindestens 3-4 Passagieren zu empfehlen.


Eine der Schwierigkeiten: die Écluses de Fonserranes bei Béziers mit mehreren aufeinander folgenden mächtigen Schleusen.



Trotz allem - das Erlebnis Etang de Thau und Marseillan bei Sonnenaufgang hat für alles entschädigt!







Sonnenaufgang im Hafen von Marseillan mit Blick auf das Bassin de Thau


Leider brachte auf dem Rückweg dann noch ein Streik des Schleusenpersonals zusätzliche Hektik und warf unsere gesamte Zeitplanung über den Haufen.
Die Besichtigung von Béziers entfiel und stattdessen mussten wir auf den letzten Drücker die Schleusentreppe von Fonserranes aufwärts passieren.
Ansonsten hätten wir fast zwei Tage festgelegen und die rechtzeitige Übergabe des Schiffes verpasst...
Tatsächlich - Es wurde nie langweilig!

Im nächsten Post dann mehr Details zur Übergabe in Homps, dem Umbau unseres Bootes, der Magnifique sowie den einzelnen Steckenabschnitten und Sehenswürdigkeiten des Hinweges.